Pressespiegel Kulturteil der Westfalenpost
Musikzug Olpe – Von Nachwuchssorgen keine Spur
Die Westfalenpost schrieb am 08. Juli 2016:
Olpe. Der Musikzug der Freiwilligen Feuerwehr Olpe tut viel, um den Nachwuchs zu sichern. Das sinfonische Blasorchester zählt zu den besten im Land.
Am Anfang steht die Französische Revolution. Dort werden die Marschkapellen erfunden. Diese neuen Formationen und ihre schmissigen Klänge breiten sich wie ein Lauffeuer auch in den preußischen Gebieten aus. Deshalb wird es den 20 Signalhornisten der Freiwilligen Turner-Feuerwehr Olpe um 1880 zu langweilig. Damals gibt es noch keine Sirenen. Also müssen sie die Kameraden alarmieren. Auf Dauer reicht das nicht. Man spart auf Instrumente und verpflichtet einen Lehrer. 1882 wird der Musikzug der Freiwilligen Feuerwehr Olpe gegründet.
Heute gehören die Olper zu den leistungsstärksten sinfonischen Blasorchestern in Deutschland. Von Nachwuchsmangel ist keine Rede, der Altersdurchschnitt der 74 Musiker liegt bei rund 27 Jahren. Rund 70 Kinder und Jugendliche spielen zudem in den beiden Jugendorchestern. Ehrenvorsitzender Michael Ohm drückt mit seinen 62 den Schnitt schon nach oben. Und das in einer Zeit, in der sich junge Leute kaum noch für Vereine und Ehrenamt begeistern lassen. „Die ungeheure Vielfalt macht Blasmusik für Jugendliche attraktiv. Wir können alles, Marsch, Klassik, Filmmusik, Jazz, Rock und Pop. Das ist ein großer Reiz. Im Blasorchester ist alles offen“, analysiert Ohm.
Die Instrumentalisten sind Stars. Wenn sie in der Stadthalle vor Weihnachten ihre ausverkauften Jahreskonzerte geben, will man mitmachen dürfen. Die Olper tun eine Menge dafür, damit das so bleibt, musikalisch und sozial. Michael Forth (35), 2. Vorsitzender: „Wir kooperieren mit der Musikschule, da werden die Kinder ausgebildet, und zudem geben unsere eigenen Leute Unterricht. Diese Mischung klappt eigentlich ganz gut. Wir leisten auch finanziell sehr viel, so stellen wir den Jugendlichen ein Instrument zur Verfügung, und sie müssen keinen Beitrag zahlen.“ Die Schützenfeste sind das Brot- und Buttergeschäft des Orchesters, damit wird die Jugendförderung eingespielt.
Kein Selbstläufer mehr
Doch ein Selbstläufer ist das längst nicht mehr. Der Ganztag macht dem Musikzug Olpe zu schaffen. Ohm: Es bedarf inzwischen vieler Gespräche mit den Eltern. Heute sollen Kinder nicht mehr nur ein Instrument spielen, sondern am besten noch das Reiten und Tennis lernen. Die Kinder sind überfordert. Dazu kommt, dass es ein Missverhältnis gibt zwischen Kulturförderung und Sportförderung im Ehrenamt.“
Wesentlich für den Erfolg ist allerdings die Qualität, und die hängt vom Dirigenten ab. Beim Musikzug Olpe stehen traditionell Profis vorne. „Es ist nicht einfach, jemanden zu finden, der sich vor unser Orchester traut“, konstatiert Michael Forth. Mit Andreas Reuber hat der Verein jetzt einen Glücksgriff getan. Der 36-jährige Berufstrompeter war Musiksoldat und hat eine eigene Musikschule. Er kommt aus einer berühmten Sauerländer Musikerfamilie.
„Es war immer mein Ziel, hier Dirigent zu werden, weil ich das Orchester als außergewöhnlich leistungsstark erlebt habe“, schildert Andreas Reuber. „Ich komme aus Drolshagen-Husten und dem Musikverein Iseringhausen. Das ist ebenfalls ein sehr guter Verein.“ Reuber arbeitet mit hochmotivierten Laien. „Für mich ist es wichtig, niemals zu sagen, ich will den Stand halten, sondern ein Orchester immer weiter zu entwickeln, so dass die eigene Handschrift erkennbar wird“, verspricht er. Künftig wollen die Olper ihr Können wieder bei Wertungsspielen messen und sich verstärkt für Honorarkonzerte engagieren lassen.
Knapp die Hälfte wohnt außerhalb
Was sind das für Leute, die sich an Trompete und Posaune, Flügelhorn, Flöte und Klarinette setzen? „Das ist total unterschiedlich. Handwerker, Verwaltungsleiter, Akademiker, alle sind vertreten“, bilanziert Michael Ohm. Knapp die Hälfte der Musiker haben ihren Lebensmittelpunkt nicht mehr in Olpe, sie studieren oder müssen beruflich wegziehen, aber zu den Proben und Konzerten kommen sie wieder. „Das gibt einem so viel, trotz des Zeitaufwandes“, weiß Forth. „Der Spaß an der Sache steht im Vordergrund. Uns verbindet alle das gleiche Ziel, gute Musik zu machen.“
Dass der Musikzug Olpe das klingende Aushängeschild der Kreisstadt ist, drauf sind die Musiker stolz. Das war nicht immer so. Um 1880 hatte die Kommune Bedenken, die Gründung des Vereins zu genehmigen. Marsch, Walzer, Polka gelten als unanständig und sittengefährdend. Michael Ohm kennt die Chronik gut: „Dann hat sich ein Trompeter vors Rathaus gestellt und so lange „Die Post im Walde“ geblasen, bis der Bürgermeister begeistert war.“
Text: Monika Willer
Foto: Foto:Ralf Rottmann/ Funke Foto Services